Cartoon, menschenähnlich oder realistisch? - Neue Forschungsarbeit zu Avatar-Stilen

Welcher Avatar-Stil ist für Ihre Anwendung der richtige? Welche virtuelle Erscheinungsform wird von Ihrer Zielgruppe akzeptiert?

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Avatar-Stile

Wir von Charamel glauben an Innovation und Fortschritt durch Forschung und haben uns in einer internen Forschungsarbeit der Beantwortung dieser Fragen gewidmet. Sollte Ihr erster intuitiver Gedanke sein, dass Sie sich einen möglichst realistischen Avatar wünschen, lassen Sie sich von den Ergebnissen überraschen.

Zunächst ist das Gefüge des Dreiklangs aus Zielgruppen-Akzeptanz, Avatar-Erscheinung und Anwendungsbereich zu betrachten. Zielgruppenseitige Akzeptanzkriterien umfassen unter anderem individuelle soziodemographische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Expertise, aber auch subjektive Erfahrungs- und Wahrnehmungskriterien bezüglich der Anwendung und des Avatars. Dabei stehen Aspekte wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Nützlichkeit oder Bedienungsfreundlichkeit im Fokus. Zusätzlich sind Art der Aufgabe und Situation entscheidend, die einen kontextuellen Rahmen für Einschätzungen von Anwendenden bilden. Gewohnheiten und gesellschaftliche Konventionen können bereits Vorgaben für ein akzeptables Erscheinungsbild vorschreiben, wie der obligatorische Anzug im Finanzsektor beispielhaft veranschaulicht. Ein Blick sollte auch auf die Anforderungen an die Anwendung geworfen werden. Hierbei ist zu unterscheiden, ob es sich um ein simples System handelt, das ohne viel Aufwand auf effiziente und effektive Weise zum Ziel führt, oder ob neben reiner Funktionalität ebenfalls komplexere emotionale und relationale Bedürfnisse zu erfüllen sind, die mehr als ein oberflächliches Interagieren erfordern.

Die Gewohnheit der Interaktion mit anderen Menschen lässt vorerst Akzeptanz und Sympathie bezüglich realistischer statt künstlicher Avatare vermuten. Doch in Bezug auf den Uncanny Valley Effekt wird zu abstrakteren Darstellungen statt menschenähnlichen Visualisierungen geraten. Dieses Phänomen vom Forscher Masahiro Mori aus den 1970er Jahren besagt, dass Roboter mit menschenähnlichem Aussehen den Menschen unheimlich vorkommen und sie sich getäuscht fühlen können, wenn sie erfahren, dass die Maschine kein echter Mensch ist. Nähert sich die Maschine einem lebensechten Aussehen an, ohne es vollkommen zu erreichen, so schlägt die Empathie in Abscheu um. Erst eine vollständige Menschlichkeit bezüglich des Aussehens und Verhaltens würde Akzeptanz bedeuten. Die Komplexität von Situationen mit Interaktivität wird nicht berücksichtigt, verhält sich aber unabhängig zum Aussehen. So kann eine stimmige Interaktion mittels menschlicher Kommunikation den Uncanny Valley Effekt umgehen. Das heißt, dass Kommunikation die Zielgruppe dazu veranlasst, den Avatar nicht nur aufgrund des Aussehens zu bewerten. Daher kann das Erscheinungsbild eines virtuellen Assistenten realistisch gestaltet werden, wenn Nutzende dies bevorzugen, jedoch sollte der Avatar deutlich kommunizieren, dass er kein Mensch, sondern nur eine Maschine mit begrenztem Funktionsumfang ist, um falsche Erwartungen zu vermeiden.

In unserer Forschungsarbeit wurden 25 Frauen und Männer zwischen 21 und 75 Jahren mit Schul- oder Hochschulabschluss sowie mit und ohne Medien-/ IT-Hintergrund zu den drei Avatar-Typen – Cartoon, menschenähnlich, realistisch – in zwei Beispielszenarien befragt. Einerseits ging es um funktionale Auskunft am Bahnhofterminal (simples System), andererseits um die Wissensvermittlung in einer Schulungsumgebung (komplexes System). Unter Berücksichtigung zuvor beschriebener Einflusskriterien ist herauszustellen, dass die Befragten teilweise sehr unterschiedliche Meinungen äußerten.

Am Cartoon-Stil wurde gelobt, dass dieser quirlig, locker, niedlich und Spaß transportierend wirkte, sodass man ohne Scheu Fragen stellen konnte. Die gewollte Künstlichkeit machte deutlich, hier keinen Menschen ersetzen zu wollen. Allerdings schrieben die meisten Befragten diesem Stil Kindlichkeit und mangelnde Ernsthaftigkeit zu. Für eine optimale Akzeptanz sollte der als lebhaft und leger empfundene Comic-Stil in kindlich spielerischen Bereichen eingesetzt werden, passend für Kinder, leichte Themen und einfache Auskünfte am Terminal.

Menschenähnlichkeit kann, auch unter Rückbezug auf den Uncanny Valley Effekt, besser erscheinen als Realismus, da auf diese Weise eine überlegene und identitätswahrende Position des Menschen gewahrt wird. Während dem Comic-Stil aufgrund der Künstlichkeit eher weniger menschliche Kompetenzen zugeordnet werden und dem realistischen Stil umfängliche menschliche Kompetenzen zugetraut werden, positioniert sich die Menschenähnlichkeit genau dazwischen, sodass hier simple bis komplexe Aufgaben vorstellbar sind. Mithilfe von passender Kleidung kann bei menschenähnlichen Avataren ein guter Mittelweg gefunden werden, um professionell, sachlich und seriös zu wirken, ohne zu streng und unnahbar aufzutreten. Eine Mehrzahl der Befragten empfand die menschenähnlichen Charaktere vertrauensvoller, glaubwürdiger, kompetenter und zuverlässiger als die Cartoon-Avatare.

Realismus spaltet die Meinungen. Während Comic-Figuren nicht als reale soziale Akteure wahrgenommen werden, können fotorealistische Avatare für echte Kommunikationspartner gehalten werden, sodass Verwechslungsgefahr mit wahren interaktiven Situationen besteht. Durch Realismus werden typisch menschliche Kompetenzen und die Erfüllung komplexer Aufgaben erwartet. Können diese Erwartungen aufgrund der Optik seitens der Intelligenz des Systems nicht erfüllt werden, kann dies zu Unzufriedenheit der Zielgruppe führen. Die beiden anderen Erscheinungsstile machen Anwendenden klar erkennbar, dass es sich um eine technische Nutzung handelt, doch hier entsteht ein doppelter Aufwand, nämlich jener der realen sozialen Interaktion sowie jener der technischen Nutzung. Bei menschlichem Aussehen und unmenschlichem Verhalten besteht das Risiko, bedrohlich, einschüchternd und verunsichernd zu wirken. Jedoch bringt Menschlichkeit ein Gefühl von Vertrauen, Sicherheit und Komfort mit sich. Auch wenn Realismus auf einige Teilnehmende unheimlich wirkte, nahmen viele Befragte die realistischen Avatare als intelligent, professionell, sachkundig, aufrichtig und authentisch wahr.

Abschließend ist zu betonen, dass es sich um eine Trendabbildung handelt, die verdeutlicht, dass kein eindeutiger Meinungskonsens herrscht. Die Bewertung der Stile bleibt eine subjektive Empfindung, wobei jeder Stil seine für- und gegensprechenden Ansichten aufweist. Wir haben Ihnen Einblicke in die für eine Stil-Beurteilung zu beachtenden Rahmenbedingungen gegeben sowie einige Vor- und Nachteile der einzelnen Erscheinungsformen beleuchtet. In unserem Untersuchungskontext des Terminal- und Schulungssystems erhielt die Menschenähnlichkeit den größten Zuspruch für Vertrauen und Kompetenz. Um eine gesteigerte Akzeptanz der Zielgruppe gegenüber virtuellen Assistenten zu erzielen, kann Nutzenden zu Beginn einer Anwendung die Auswahloption ihres präferierten Avatar-Typs gegeben werden, sodass sie mit ihrem individuell ansprechendsten Charakter kommunizieren können.

Bevor Sie sich für einen Avatar-Typ entscheiden, fragen Sie sich: Wer ist Ihre Zielgruppe? Welche Anforderungen bestehen an die Anwendung (simpel, komplex, kognitiv-analytisch, sozial-emotional, Leichte Sprache/ Gebärdensprache, etc.)? Was soll Ihr Avatar repräsentieren (Spaß, Nahbarkeit, Intelligenz, etc.)? Möchten Sie einen bestimmten Typ oder soll Ihre Zielgruppe wählen können?

Sie möchten Ihre Zielgruppe mit einer passenden virtuellen Erscheinung ansprechen? Erfahren Sie mehr und kontaktieren Sie uns:

Ihr Charamel-Team/ Ingmar Dorp
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Wie ist Ihre Meinung zum Cartoon-, menschenähnlichen und/oder fotorealistischen Stil? Wie denken Sie über die präsentierten Erkenntnisse? Wir freuen uns auf Ihr Feedback!


FÜR EILIGE

Unsere Forschungsarbeit zum Thema Endbenutzer-Akzeptanz humanoider Avatar-Stile (Cartoon, menschenähnlich, realistisch) in digitalen Terminalsystemen (z.B. Bahnhofauskunft) und Schulungssystemen (z.B. eLearnings) ergab, dass Menschenähnlichkeit vor Realismus und Cartoon-Erscheinung bevorzugt wird. Der Comic-Stil wirkt lebhaft und locker, aber ungeeignet für ernste Themen. Realismus wirkt kompetent und vertraut, kann aber zu falschen Erwartungen an die tatsächlichen Fähigkeiten führen. Menschenähnlichkeit wirkt glaubwürdig und verlässlich als ansprechender Mittelweg. Da es sich um subjektive Empfindungen handelt, kann die Auswahloption eines präferierten Avatar-Typs eine zufriedenstellende Lösung bieten.